flick und co.

thomas struth: „wenn herr flick sagt, dass er mit der präsentation der kunst die geschichte seiner famillie aufhellen will, fühle ich mich vereinnahmt.“

gerhard richter: „da wird mit namen gepokert, da werden werte und qualitäten behauptet, und eigentlich wird nur gezeigt, wie leicht und wie schnell es heute geht, eine sogenannt hochkarätige sammlung hinzuklotzen. mit etwas geld kann das fast jeder.“

hans haake: „es ist sklavenarbeit, die seine sammlung mitfinanziert hat.“

marcel odenbach: „mich stört an dieser sammlung vor allem, dass sie ein steuerflüchtling aufgebaut hat, der nun in berlin gross gefeiert wird.“

und viele andere finden es UNVERSTÄNDLICH, dass flick nicht in den ausgleichsfonds für zwangsarbeiter eingezahlt hat. (zitate TAZ aus der ZEIT)

 

unverständlich?

der eigentliche skandal ist doch, dass flick nicht in den fonds zahlt und damit die famillientradition seines grossvaters weiterführt. schlau hängt er sich das ablassmäntelchen der „grössten zeitgenössischen kunstsammlung“ um und „schenkt“ sie der stadt berlin. sofort wird über die problematische form der schenkung diskutiert, über iwan wirth als verkäufer, über den steuerflüchlting flick, über sippenhaft, über den zwiespalt durch die beteiligung der künstlerinnen und künstler: der pavlovsche hund bellt, die empörung bleibt intern, stimmt ja alles, ist ja auch alles wie gerhard richter sagt. und thomas struth. und marcel odenbach. endlich ein paar künstler, die sich in letzter minute zu wort melden. im fall flick finde ich diese kritisch gemeinten einwände aber fahrlässig, weil es nämlich für einmal nicht um unsere kunstwelt geht, sondern um die tatsache, dass flick nicht in den zwangsarbeiterfonds zahlt und meint, zeitgenössische kunst zu kaufen und zu zeigen würde ihn weisswaschen.

der alternde playboy flick braucht dringend eine neue öffentlichkeit. „umstritten“ zu sein ist heute die beste werbung überhaupt: „umstritten“ katapultiert flick in ein pseudointellektuelles umfeld, das reflexartig die verhältnisse in der kunstszene öffentlich spiegelt und flick dabei kostenlos werbung beschert. da fehlt auch nicht hans haake, der immer die funktion des mahnenden übernimmt – so können meine  künstlerkollegen unverständlich finden, was doch sehr leicht zu verstehen ist.

der mangel an unterscheidung zwischen kunstbetriebsproblemen, der arbeit kunst und der interpretation von geschichte ist erbärmlich. flick ist nun mal nicht saatschi, oder schmidtheiny, oder wie diese grosssammler alle heissen mögen, die irgendwann irgenwo eine sog. schenkung machen, um zu sparen (steuern, lagerung) und sich mit hilfe von kunst in der öffentlichkeit zu sonnen. und der skandal ist nicht, dass flick aus einer scheusslischen famillie stammt, sondern dass er die unspektakuläre wiedergutmachung im gegensatz zu seinen geschwistern verweigert und darüber hinaus die zeitgenössische kunst als religionsersatz, als ablass anbietet. flick ist historisch verpflichtet zur direkten finanziellen wiedergutmachung, da geht kein weg daran vorbei, auch wenn wir alle vor lauter falscher gedenkinflation dieser richtigen fragen überdrüssig sind.

man sollte flick und seine sammlung  ganz einfach ignorieren, statt ihm öffentlichkeit zu schenken. wenn er dann mal in den fonds eingezahlt hat, kann der junge von mir aus machen was er will mit seinen millionen.

 

miriam cahn   2004